Inspektor Columbo ermittelt gegen Biden
Joe Biden im fiktiven Kreuzverhör: Hatten die USA ein Interesse, die Nord-Stream-Pipelines zu zerstören?
Peter Hänseler
Dieser Artikel erschien am 5. Oktober 2022 in der Weltwoche
Nach der fiktiven Befragung von Präsident Putin fragt Kommissar Columbo – nach längerem Recherchieren – Präsident Biden das Gleiche, aber mit anderen Vorzeichen.
Biden: Sie wissen, dass ich gar keine Aussage machen müsste. Wir hatten mit der Sache nichts zu tun. Die Presse sagt das auch. Alle sind unserer Meinung.
Columbo: Ich freue mich, dass Sie trotzdem Zeit gefunden haben. Einige Punkte verwirren mich, und Sie können mir hier sicher helfen. Wegen der Presse: Die Wahrheit ist leider kein demokratischer Mechanismus – die Mehrheit kann auch falsch liegen.
Biden: Dann schiessen Sie los.
Columbo: Ja, äh. Es scheint fast so, als hätten die Russen nicht das geringste Interesse, ihre eigene Pipeline zu zerstören.
Biden: Sie kennen Putin nicht! Der macht alles, um die Welt ins Chaos zu stürzen. Das wissen wir seit Jahren. Wir haben den Russen immer geholfen. Und dann, urplötzlich, haben sie die Ukraine überfallen.
Columbo: Selbst ihr Aussenminister Blinken sagte, dass die Zerstörung der Pipelines eine «grosse Gelegenheit» darstelle.
Biden: Hat er das wirklich gesagt? Na ja, da die Russen ja jetzt aus dem Gasgeschäft raus sind, stimmt es ja.
Columbo: Und der frühere polnische Verteidigungsminister hat sich bei den USA bedankt.
Biden: Das sollte er auch, wir unterstützen Polen seit je. Columbo: Aha, den Deutschen nützt dieser Anschlag auf ihre Energie-Nabelschnur nichts – im Gegenteil.
Biden: Die Deutschen sollten sich bei uns bedanken. Wir können Flüssiggas liefern.
Columbo: Aber das ist ja viel teurer – schon vor der Krise war es 30 Prozent teurer.
Biden: Es ist aber auch besser. «Tue den Tiger in den Tank» – und umweltfreundlicher ist es obendrein.
Columbo: Am 7. Februar sagten sie wörtlich: «Falls Russland einmarschiert, wird es Nord Stream 2 nicht mehr länger geben. Wir werden das beenden.»
Biden: Das ist typisch Putin. Er zerstörte seine Pipeline nur, um mich zu schädigen.
Columbo: Praktisch zeitgleich mit der Zerstörung der Pipelines wurde die Baltic Pipe von Norwegen nach Polen eröffnet.
Biden: Da sehen Sie es: Die freie Marktwirtschaft funktioniert!
Columbo: Die bringt jedoch lediglich 10 Prozent der Menge der Nord-Stream-Pipelines.
Biden: Eben, und dann kommt unser Flüssiggas ins Spiel – alles kein Problem für Deutschland.
Columbo: Vor dem Anschlag fanden in der Ostsee Nato-Manöver statt. Laut der Publikation Sea Power war eines der Hauptziele der Manöver der Test von Unterwasserdrohnen. Nach Beendigung der Manöver verliess das amerikanische Spezialschiff «USS Kearsarge» das Gebiet nicht. Vielmehr hielt sich dieses Schiff in der Nähe des Tatorts auf.
Biden: Wir haben die grösste Flotte der Welt – wir sind überall.
Columbo: Seit Ende August patrouillierten Helikopter der «USS Kearsarge» um die Insel Bornholm, und der Flugverlauf der Helikopter stimmt mit dem Verlauf der Pipeline genau überein – das ergibt sich aus öffentlich zugänglichen geolocation-Daten.
Biden: Wir wollten diese Pipeline beschützen – es ist uns einfach nicht gelungen, den russischen Anschlag zu verhindern.
Beim Rausgehen denkt sich Columbo: «Naja …»