Präsident Zelensky beim Papst – zur Lage der Kirche in der Ukraine

Zunächst liess Lichtgestalt Zelensky bei der italienischen Regierung finanzielle und militärische Wünsche erfüllen, dann erklärte er dem Papst wie Friede geht. 

Dieser Artikel erschien zuerst auf globalbridge.ch

René Zittlau

Ein italienischer Blick auf die Religionen in der Ukraine

Ganz offensichtlich war Präsident Zelensky dermassen angetan vom bei der italienischen Regierung Erreichten, dass er Papst Franziskus ganz unverblümt sagte, was er von einer etwaigen Vermittlung zwischen Russland und der Ukraine halte: 

„Der Krieg ist in der Ukraine und der Friedensplan muss ukrainisch sein. Wir sind sehr interessiert daran, den Vatikan für unsere Friedensformel zu gewinnen.»

Präsident zelensky zum papst

Es ist diplomatische Praxis, dass ein Vermittler von beiden Seiten anerkannt und vor allem als unabhängig akzeptiert sein muss, um überhaupt für diese schwierige Mission in Frage kommen zu können. Das weiß auch das ukrainische Staatsoberhaupt. Es ging ihm demnach allein um die Bühne des Vatikans, nicht um die Suche nach Lösungen für sein geschundenes Land. 

Aus Anlass des Papstbesuches des ukrainischen Präsidenten veröffentlichte ein italienischer Blog eine sehr interessante Karte: 

Quelle: Limesonline

Sie zeigt die Verteilung kirchlicher Einrichtungen in der Ukraine nach religiöser Zugehörigkeit in den einzelnen Regionen. Die Legende der Grafik unterscheidet dabei folgende Kirchen (von oben nach unten):

Ukrainische Orthodoxe Kirche (UOK); im weiteren auch «ehemalige Russisch-orthodoxe Kirche»; diese Kirche untersteht dem Moskauer Patriarchat, genießt dabei jedoch eine große Unabhängigkeit

Orthodoxe Kirche der Ukraine (OKU), welche im Dezember 2018 vom damaligen Präsidenten Poroschenko quasi aus dem Nichts erschaffen wurde; im weiteren auch Ukrainische Staatskirche

Die Autokephale Kirche der Ukraine

Die griechisch-orthodoxe Kirche

Die Römisch-katholische Kirche

Die Protestantische Kirche 

In meinem Artikel „Erzwungener Glaubenswechsel in der Ukraine“ zeigte ich auf, dass die von der Führung der Ukraine betriebene Kirchenpolitik nicht nur gegen die ukrainische Verfassung verstößt, sondern in ihrer Konsequenz nichts anderes darstellt als eine ethnische Säuberung. Erklärtes Ziel ist die Zerstörung der ehemaligen Russisch-orthodoxen Kirche (UOK) als den spirituellen Kern der russischsprachigen Bevölkerung der Ukraine.

Vor dem Hintergrund dieses stattfindenden Glaubenskrieges beinhalten die in der Karte veröffentlichten Daten erheblichen politischen Zündstoff. Sie offenbaren anhand von für jeden nachvollziehbaren Zahlen die Kirchenpolitik der Ukraine und allen voran ihres Präsidenten in ihrem Kern. Sie entlarven sie als das, was sie ist: menschenverachtend und nationalistisch.  

Die Grafik beinhaltet Zahlen von 25 administrativen Gebieten der Ukraine, einschließlich der Gebiete, die sich inzwischen Russland zugewandt haben (Cherson, Saporizhia, Donezk, Lugansk). Ausgehend davon dürften sie nicht ganz aktuell sein. 

Nur in 6 der 25 Gebiete ist die Russisch-Orthodoxe Kirche nicht die Mehrheitskirche. Selbst im äußersten Westen der Ukraine, in Zakarpatien, im Grenzgebiet zur Slowakei, Ungarn und Rumänien, ist die Russisch-Orthodoxe Kirche mit Abstand die stärkste Religionsgemeinschaft. Dasselbe trifft auf Wolhynien zu, dem Grenzgebiet zu Polen, im äußersten Nordwesten der Ukraine. 

Der Wahlkampf 2019

Die nationalistische Saat, die Poroschenko in seiner Zeit als Präsident kirchenpolitisch einbrachte, indem er die Orthodoxe Kirche der Ukraine (OKU) im Dezember 2018 aus dem Nichts und mit erheblichem finanziellen und logistischen Aufwand erschuf, und die Zelensky inzwischen in deutlich verschärfter Form versucht, unter das Volk zu bringen, diese Saat ging bislang nicht wie gewünscht auf. 

Ein Blick in die Geschichte hätte den Planern dieses Kampfes um die Köpfe gezeigt, dass auf Glauben beruhende Überzeugungen sehr schwer zu ändern sind. Gerade das Beispiel der Sowjetunion zeigt das sehr deutlich. Die Russisch-Orthodoxe Kirche überlebte dort einen Terror, für den es historisch wenig Parallelen gibt.  

«Dieses Interview wurde komplett auf Russisch führt – in Zelensky Muttersprache»

Mit der Gründung der Orthodoxen Kirche der Ukraine (OKU) im Dezember 2018 im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen 2019 machte sich Poroschenko die Russisch-orthodoxe Kirche (UOK) zu seinem natürlichen Feind und trieb sie dazu, die Wahl von Zelensky zu unterstützen. Dieser warb bekanntlich nicht nur mit Frieden für den Donbass, sondern auch damit, dass er sich in religiöse und Glaubensfragen nicht einmischen werde. Vor der Wahl sagte der spätere Präsident z.B.. 

«Es gibt einige Dinge, die nicht gebrochen werden können. Gesetze und Traditionen werden nicht gebrochen. Es gibt Dinge, die sind persönlich.»

Zelensky bevor er Präsident war

Interessant ist auch: das als Quelle angegebene Portal bezieht sich auf ein einstündiges Fernsehinterview mit dem damaligen Kandidaten Zelensky. Dieses Interview wurde komplett auf Russisch führt – in Zelensky Muttersprache.

Präsident Zelensky spricht besser Russisch als Ukrainisch

Nach der Gründung der Orthodoxen Kirche der Ukraine (OKU) mit massiver Staatshilfe und dem erklärten Ziel, die orthodoxen Gläubigen unter diesem neuen Kirchendach zu vereinigen und somit eine Jahrhunderte alte Glaubenstradition auszulöschen, klangen die Worte des zukünftigen Präsidenten Zelensky in den Ohren der Russisch-orthodoxen Kirche (UOK) beinahe wie Musik und ließen Hoffnung aufkommen. Indirekt unterstützten diese Hoffnungen auch Äußerungen des Oberhauptes der neu geschaffenen „Staatskirche der Ukraine“, Filaret Denisenko, der noch unmittelbar vor der Wahl in einem Fernsehinterview äußerte: 

„Die ukrainische Kirche des Moskauer Patriarchats hofft, dass er (Vladimir Zelensky – Anm. d. Red.) sie unterstützen wird. Auch wir glauben, dass er sie unterstützen wird.“

Quelle: spzh.news

Heute, vier Jahre nach der Wahl von Zelensky zum Präsidenten der Ukraine und im Wissen um die seither stattgefundenen Ereignisse, mögen diese Hoffnungen auf einen ehrlichen Makler in der Person von Wolodymyr Zelensky töricht klingen. Doch welche Alternativen gab es damals? 

Zelensky wusste sehr wohl von den enormen religiösen Problemen und den damit verbundenen Spannungen, die die Ukraine schon damals zu zerreißen drohten. Und so traf sich der Wahlgewinner und zukünftige Präsident bereits am 30. April 2019 noch vor seiner Vereidigung separat mit den Spitzen der Orthodoxen Kirchen. 

Beim Treffen mit Epiphany Dumenko, dem Oberhaupt der OKU, also der „Orthodoxen Kirche der Ukraine“ sagte der künftige Präsident der Ukraine laut seinem Pressedienst:

«Während des Treffens sprachen sie über die Probleme, mit denen die Ukrainer konfrontiert sind, insbesondere über den langjährigen Konflikt im Donbas. Das neu gewählte Staatsoberhaupt und Metropolit Epiphany waren sich einig, dass die Kirche beten und der Staat alles tun sollte, damit alle Regionen unseres Landes in Frieden und Ruhe leben können.“

Quelle: spzh.news

Dem zukünftigen ersten Mann im Staate war demnach damals sichtbar noch nicht an einer Zusammenarbeit mit der OKU zur Lösung der anstehenden Probleme gelegen. Offenbar wirkten noch die im Wahlkampf durch Epiphany getätigten Äußerungen nach, der frank und frei erklärte, dass er sich als Präsidenten nur Poroschenko vorstellen könne und er diesen historisch in einer Reihe mit Fürst Wladimir sehe. 

Das Treffen mit dem heute so sehr bekämpften Metropoliten Onufri, dem Bischof der Ukrainischen Orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats (UOK) verlief in einem ganz anderen Ton. Der Pressedienst des künftigen Präsidenten teilte mit: 

«Während des Treffens erörterten sie die Entwicklung der universellen Werte, wobei sie sich besonders auf die Situation im Osten konzentrierten. Wolodymyr Zelenskij und Metropolit Onufry stellten fest, dass Staat und Kirche alle Anstrengungen unternehmen sollten, um den Frieden zu schaffen und die Einheit der Ukraine wiederherzustellen».

Quelle: spzh.news

Die Unterschiede in den Gesprächsinhalten sind offensichtlich. Während Zelensky Epiphany von der OKU mitteilte, dass „die Kirche beten und der Staat alles tun sollte, damit alle Regionen unseres Landes in Frieden und Ruhe leben können“, ging es ihm im Gespräch mit Metropolit Onufry darum, „dass Staat und Kirche alle Anstrengungen unternehmen sollten, um den Frieden zu schaffen und die Einheit der Ukraine wiederherzustellen“, also gemeinsam. 

Onufry konnte nach diesem Treffen also durchaus der Ansicht sein, mit einem zukünftigen Präsidenten zu sprechen, dem an der Lösung der grundlegenden Probleme der Ukraine gelegen war. 

Fazit

Seit jenem 30. April hat sich alles geändert. Die Hoffnungen der Russisch-orthodoxen Kirche hielten den Entwicklungen nicht stand. Der damalige Hoffnungsträger, der einen beträchtlichen Teil seiner Stimmen wohl auch den Erwartungen der UOK zu verdanken hatte, zeigt sich heute als ein Hasser alles Russischen. Für ein zukünftiges friedliches Zusammenleben der verschiedenen orthodoxen Kirchen der Ukraine lässt das nichts Gutes erwarten.  

Präsident Zelensky beim Papst – zur Lage der Kirche in der Ukraine

3 Kommentare zu „Präsident Zelensky beim Papst – zur Lage der Kirche in der Ukraine

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert