Schweizerische Nationalbank – ein Nachruf auf deren früheren Nimbus
Zwischen 2008 und anfangs 2022 druckten die Zentralbanken Geld in nie gekanntem Ausmass, weil ihre Regierungen pleite sind – mit einer Ausnahme: Die SNB tat dies, um ihre eigene Währung zu schwächen. Ein Essay über die SNB, die Schweiz, die Stabilität und das Versagen.
Peter Hänseler
Einleitung
Dieses Essay ist ein Versuch, die Strategieänderungen der SNB im Laufe der Zeit vor dem Hintergrund der Schweizer Wirtschaft in einer Zeitreise zu beschreiben und erörtern. Das Ziel ist es, dem Leser zu erlauben, sich eine Meinung über die Leistung der Schweizerischen Nationalbank zu bilden, die in den Medien oft unverständlich beschrieben wird.
Die Schweiz, ein Ausnahmeland
Die Schweiz ist bezüglich Grösse und Bevölkerung ein Zwerg: Sie ist 9-mal kleiner als Deutschland, 15-mal kleiner als die Ukraine, 240-mal kleiner als die USA und 414-mal kleiner als Russland. Bezüglich Bevölkerung trägt der Kleinstaat 1 Promille zur Weltbevölkerung bei.
Auch topographisch fordert der Alpenstaat seine Bewohner heraus: Zwei Drittel der Schweiz bestehen aus Bergen, was dazu führte, dass das kleine Land zu den Armenhäusern Europas gehörte, solange Landwirtschaft den Reichtum auf der Welt ausmachte. Noch 1899 erhielt das hungernde Land vom russischen Zaren Hilfslieferungen von Getreide.
Der Winzigkeit und Armut des Bodens zum Trotz, wusste sich die Schweiz zu behaupten, auch durch äussere Umstände und Privilegien.
Seit dem Wiener Kongress von 1815, der nach der endgültig fehlgeschlagenen Welteroberung Kaiser Napoleons I. stattfand, anlässlich dessen einmal mehr die Mächtigen daran gingen, die Welt neu aufzuteilen, erhielt die Schweiz ein unbezahlbares Privileg verliehen: Die Neutralität. Wie die Schweiz heute – gut 200 Jahre später – mit diesem Privileg umgeht, soll in einem späteren Artikel erörtert werden.
Mit dem Erlass der ersten Bundesverfassung im Jahre 1848 erhielt die Schweiz ein Regelwerk, das die rechtliche Grundlage des Aufschwungs der Schweiz bildete. Mit viel Fleiss, Disziplin, Erfindungsreichtum und Bescheidenheit mauserte sie sich innert der nächsten 100 Jahren zu einem der reichsten Länder der Welt – wohlgemerkt ohne das Privileg von Bodenschätzen.
Bezüglich Ausbildung, Infrastruktur, Verkehr, Sozialfrieden, Ausgabedisziplin des Staates, Rechtssicherheit und Sympathie im Ausland setzte die Schweiz sehr lange Zeit Massstäbe und tut es auf vielen Gebieten heute noch.
Aufgrund der 1815 verliehenen Neutralität und durch geschicktes Agieren während des ersten und zweiten Weltkriegs, schafften es die Schweizer, dass in unserem Land seit 207 Jahren kein fremder Soldatenstiefel mehr zugegen war.
Ihren Bürgerkrieg – den Sonderbundskrieg – hatte 1847 auch die Schweiz. Dieser dauerte 26 Tage und forderte 86 Menschenleben. Gemessen an den späteren Auseinandersetzungen auf europäischem Boden (und darüber hinaus) eher ein vernachlässigbares Konfliktchen.
Verglichen mit den Gemetzeln, die dazu führten, dass die Menschen – besonders nach dem 2. Weltkrieg – knietief im Blut standen, ging es der Schweiz blendend. Somit ist auch Demut und Bescheidenheit angesagt, trotz der grossen Leistungen, welche ihre Bewohner unbestrittenermassen erbracht haben.
Die positive Entwicklung der Schweiz führte zu einem ausserordentlichen Vertrauen des Auslands in die Schweiz, und somit auch in den Franken, der zu den stärksten und stabilsten Währungen der Welt gehört.
Selbst Währungen, die im internationalen Handel um ein Vielfaches gewichtiger sind, fallen gegen die Stärke des Schweizerfrankens stark ab.
Relative Härte des Schweizerfrankens
Die Härte unserer Währung ist legendär. Der US-Dollar verlor seit der Aufhebung des Goldstandards 1971 gegenüber dem Franken 78%. Der Euro seit seiner Einführung 1999 bereits 39% – relativ gesehen ist der Schweizer Franken damit ein Herkules.
Absolute Schwäche des Schweizer Frankens
Betrachtet man dagegen die Wertentwicklung des Schweizerfrankens gegenüber Gold, dem absoluten Mass von Wert, trübt sich der Blicke ein. Denn gegenüber dem Edelmetall hat der Schweizerfranken seit 1971 über 90% seines Wertes verloren. Der weltweiten gigantischen
Der weltweit gigantischen Geldentwertung, welche mit der Abschaffung des Goldstandards Einzug hielt, konnte sich auch der Schweizerfranken nicht entziehen.
Trotzdem kann man gesamthaft über den Schweizerfranken sagen, dass er unter den Blinden der einäugige König ist.
Seit 1971 ist der Lebensinhalt der Zentralbanken das Gelddrucken
Mit der Abschaffung des Goldstandards war der US-Dollar durch nichts mehr unterlegt und die anderen Währungen nicht mehr an den US-Dollar gekoppelt.
Damit waren die Zentralbanken dieser Welt frei, nach ihrem eigenen Gutdünken Geld zu drucken, um die immer grösser werdenden Begehrlichkeiten der jeweiligen Staaten zu befriedigen.
Zur Abschaffung des Goldstandards, siehe meinen Beitrag zum Petrodollar.
In der Folge werde ich – der Einfachheit halber – lediglich die Zahlen der USA und der Schweiz beiziehen.
Die Grösse der Bilanz der Amerikanischen Zentralbank Federal Reserve (FED) zeigt zwischen 1971 und 2008 ein kontinuierliches Ansteigen der Geldmenge. Über die Explosion der Geldmenge im Jahre 2008 sprechen wir später.
Der Nimbus des harten Schweizer Frankens
In der Zeitspanne von 1971 bis 2008 schuf die SNB endgültig den Nimbus des harten Schweizerfrankens. In dieser Zeit hatten die Schweizer im Gegensatz zu den Amerikanern Disziplin. War ein US-Dollar 1971 noch 4.35 wert, so wertete sich der US-Dollar zwischen 1971 und Herbst 2008 kontinuierlich ab. Im Herbst 2008 erhielt man für einen US-Dollar noch CHF 1.12. – Lohn der Disziplin.
Ab 2000 – Gigantische Goldverkäufe
Bis ins Jahr 2000 hielt die SNB 2’600 Tonnen Gold, welches Ende 1999 einen Wert von knapp 34 Milliarden hatte.
Am 26. September 1999 schlossen 15 europäische Notenbanken einen Irrsinnspakt: In einer konzertierten Aktion wurden gigantische Goldmengen auf den Markt geworfen. Die SNB ging mutig voran und verkaufte in der Folge die Hälfte ihres Bestandes – 1’300 Tonnen. Zum damaligen Zeitpunkt lag der Goldpreis übrigens bei CHF 14’930.- pro Kilogramm – heute liegt er bei CHF 53’200.-.
Durch diese Aktion entging der Schweiz die astronomische Wertsteigerung von CHF 50 Milliarden. Die Käufer dieses Goldes dürften aus europäischer Sicht im Osten zu finden sein.
Die Erlöse aus diesen Goldverkäufen legte die SNB gemäss Geschäftsbericht 2000 ausschliesslich bei «Gegenparteien sehr guter Bonität an». Damit verschweigt die SNB dem Publikum einen der grössten Vorteile von Gold: Physisch gehaltenes Gold hat kein Gegenparteirisiko; somit schlägt Gold bezüglich Gegenparteirisiko jede andere Anlage.
Wie gut die Bonität dieser Gegenparteien tatsächlich waren, wird weiter unten dargestellt. Gehen wir zunächst weiter im Zeitstrahl.
Finanzkrise 2008
Im Herbst 2008 – mit dem Untergang von Lehman Brothers – begann eine Finanzkrise, welche die Finanzmärkte an ihre Grenzen brachte. Der Grund war dabei eher banal: Nachdem 2001 die Dotcomblase geplatzt war, suchten findige und gierige Banker nach einem neuen Spielplatz, um ohne Anstrengung gigantische Summen zu verdienen.
Den fanden sie im amerikanischen Immobilienmarkt, wo man wertlose Hypotheken in windige Finanzprodukte verpackte und Kunden auf der ganzen Welt ins Portfolio legte. Obwohl es Warner gab, obsiegte die Gier und 7 Jahre nach der Dotcomblase knallte es bereits wieder – diesmal ging der Knall durch Mark und Bein vieler – auch riesiger – Finanzinstitute.
Auch die «konservative» UBS wollte mitmachen und ruderte mit den Angelsachsen im mit Geld gefüllten See jener Produkte, die niemand Verstand, aber jeder wollte. Als sich herausstellte, dass der See nicht mit Geld, sondern Exkrementen gefüllt war, mussten Staat und Zentralbank zu Hilfe eilen.
Rettung der Banken und verpuffte Empörung
Am 16. Oktober 2008 – vor gut 14 Jahren – rettete die Eidgenossenschaft und die SNB die UBS mit einer Notration von CHF 60 Milliarden die grösste Schweizer Bank. Dieser Betrag entsprach in etwa den gesamten Einnahmen der Eidgenossenschaft in jenem Jahr. Die Amerikaner taten dasselbe mit Ihren Patienten.
Die Zentralbanker der betroffenen Länder standen als Helden da, obwohl sie lediglich Geld druckten und weiterreichten.
An die Kasse kam – abgesehen von einigen wenigen Händlern in den USA – niemand. Die Empörung – wohl der unbrauchbarste Aggregatszustand der menschlichen Seele – war im Volk zwar gross, aber schlussendlich änderte sich an der Selbstbedienungsmentalität im Finanzgeschäft überhaupt nichts. Ein Sturm im Wasserglas.
Der erste Schritt in Richtung Hyperinflation – 2008 bis 2016
Die Zentralbanken öffneten die Geldschleusen, indem sie Geld druckten, dieses jedoch nicht verkauften, sondern verschenkten, indem sie den Zinssatz auf null setzten, im Falle der Schweiz sogar auf unter null.
Der Meltdown des Finanzsystems wurde verhindert oder, wie es heute den Anschein macht, auf die lange Bank geschoben, denn Lehren wurden keine gezogen.
Die westlichen Nationalbanken druckten munter weiter Geld, um den Börsen zu gefallen und die explodierenden Staatskosten zu finanzieren.
Als Anschauungsunterricht: Die Bilanzentwicklung des Amerikanischen Fed zwischen 2004 und 2015.
Vergewaltigung der Sprache
Der Begriff Gelddrucken wird von den Zentralbankern selbstverständlich nicht verwendet. Man verwedelt die Wahrheit mit absurden Wortkreationen, die wichtig und sophistiziert tönen, aber im Grunde dem Normalbürger nur Sand in die Augen streuen.
Die Amerikaner nennen es quantitative easing oder QE. Zu deutsch: quantitative Lockerung. Ein Phantasie-Unwort, das nichts bedeutet, die Aktivität des Gelddruckens jedoch als grosse Leistung erscheinen lässt. Das ist etwa so, wie wenn man Gewalt Erziehung nennt.
Auch die SNB druckt nach eigenen Angaben kein Geld, sondern sie «interveniert» oder «stützt den Euro».
Sonderfall Schweiz – tiefe Schulden und harte Währung
Die Schweiz stand und steht bis heute bezüglich Verschuldung besser da als die meisten anderen Länder, da der Bund bezüglich Ausgaben stets sehr diszipliniert agierte und somit nicht gezwungen war, riesige Finanzlöcher der Staatsdefizite mit gedrucktem Geld zu stopfen.
Das eidgenössische Volk diszipliniert seine Politiker, etwa durch die Schuldenbremse – und tut dies sehr erfolgreich. Dies ist ein weiterer Grund für den starken Schweizerfranken.
Starke Länder haben jeweils harte Währungen. Ein Britisches Pfund war einst 20 Franken wert und der US-Dollar um die 5 Franken, immer solange, bis die jeweiligen Weltmächte verarmten.
Eine starke Währung hat langfristig nur Vorteile. Die Bürger können sich darauf verlassen, dass ihr Erspartes nicht Schritt für Schritt wertlos wird, wie dies mit Sparbüchlein in schwachen Währungen geschieht.
Ausländische Güter können günstig eingekauft werden, was speziell für die Schweiz ein Vorteil ist, da sie ihre Rohstoffe für Konsum und Weiterverarbeitung durch ihre Industrie einkaufen muss.
Schliesslich muss sich die Exportindustrie anstrengen, um kompetitiv zu bleiben, damit sie ihre Güter zu hohen Preisen abzusetzen kann, indem die Produkte zwar teurer sind, aber den Preisunterschied durch höhere Qualität ausgleichen müssen: Prestige des Besseren.
Sonderfall Schweiz – Kleinfirmen, die Giganten sind
Viele Menschen glauben, dass die grossen, börsenkotierten Firmen – Giganten wie etwa Nestlé, Roche oder Novartis – die Schweiz vermögend machen. Weit gefehlt – die Giganten in der Schweiz sind abertausende KMUs, kleine und kleinste auf ihrem Gebiet führende Firmen, welche unglaubliche Leistungen erbringen. Es gibt zahllose Unternehmen in der Schweiz, welche für Riesenfirmen in der Welt kleinste Hochpräzisionsteile herstellen und in diesem kleinen Kosmos Marktführer sind. Ohne aufzufallen, schaffen sie Arbeitsplätze, Werte und tragen viel zum Reichtum der Schweiz bei.
Stellvertretend für diese Gilde sei hier eine Firma erwähnt, welche Weltruf hat und den Nimbus von Präzision, Kreativität und Wert wie keine andere in die Welt trägt: Patek Philippe.
Diese von der Familie Stern privat gehaltene Firma setzt in Sachen Luxus und Präzision seit 1839 Massstäbe und hat sich einen Nimbus erarbeitet, der es ihr erlaubt, hohe Preise für Ihre Produkte zu verlangen und deren Produkte aufgrund des knappen Angebots auf dem Sekundärmarkt regelmässig ein Vielfaches des Ladenpreises kosten.
Jammern in der Schweizer Exportindustrie
Diesem riesigen Druck konnten oder wollten jedoch einige Exporteure nicht standhalten. Nachdem der Euro durch das Verschulden ihrer Hüter zwischen 1999 und 2011 in die Knie ging und 34% verlor – von CHF 1.60 auf CHF 1.05 – begann das Geheule einiger Exporteure – allen voran der Multimilliardär Nick Hayek, Hauptaktionär und CEO des grossen Uhrenkonzerns SWATCH, der in den Medien Druck aufbaute.
Die Exporteure orientierten sich wohl an der Rettung der UBS, welche – entgegen der Gesetze der freien Marktwirtschaft – von der SNB gerettet wurde, nachdem sie allen Angst machten, dass die Welt untergehen würde, falls die Rettung nicht käme.
Die betreffenden Exporteure bliesen nun ins gleiche Horn.
Aufgaben der SNB und ihre Unabhängigkeit
Die Aufgaben der SNB sind im Bundesgesetz über die Schweizerische Nationalbank eigentlich klar und unmissverständlich geregelt. In Artikel 5 gilt die Preisstabilität als erstes Gebot und somit – so könnte man meinen – sollte es klar sein, dass dieser Auftrag nicht durch Partikulärinteressen untergraben werden dürfte.
Um genau dies zu verhindern, wird die SNB in Artikel 6 zur Unabhängigkeit vom Bundesrat, der Bundesversammlung oder von anderen Stellen verpflichtet. Bereits im Jahre 1907 als die SNB gegründet wurde, war dem Gesetzgeber offensichtlich klar, dass die Politiker regelmässig die Totengräber gesunder Finanzen sind und verbaten somit deren Einmischung.
Das Gejammere der Exportindustrie hatte dennoch Erfolg; die SNB strich die Segel und führte am 6. September 2011 den Mindestkurs des Euro von CHF 1.20 ein. Dieser «Versuch» endete am 15. Januar 2015 wieder, aber der Zapfen war ab.
Die Bilanzgrösse der SNB explodierte vom September 2008 von CHF 131 Milliarden auf CHF 1’070 Milliarden im Mai 2022 – somit verachtfachte sich die Bilanzgrösse der SNB in einer Zeitspanne von 14 Jahren.
2014 wird die SNB zum Hedgefund
Im Jahre 2014 begann die SNB ihre gigantischen Fremdwährungsreserven, die sie mit guten Schweizerfranken gekauft hatte, in Aktien zu investieren. Sie wusste wohl nicht mehr, was mit diesen Bergen von Devisen anzustellen sei. 25% ihrer Devisenreserven sind heute in Aktien investiert.
Damit wurde die SNB zu einem der grössten Hedgefunds der Welt.
Der grösste Hedgefund der Welt ist die amerikanische Citadel Investment Group. Dieser Gigant verwaltet 244 Milliarden Dollar. Mit 140 Milliarden wäre die SNB die Nummer 7 unter den weltweit 250 grössten Hedgefunds.
Im Gegensatz zu den riesigen Hedgefunds, welche sich über Jahrzehnte im Markt bewähren mussten, um solche Riesensummen anvertraut zu bekommen, wurden die Beamten der SNB über Nacht zu Investment Managern, obwohl der Präsident der SNB, Dr. Jordan, zuvor auf der freien Wildbahn der Wirtschaft noch nie einen Franken verdient hat. Von der Uni direkt zum Staat.
Die SNB selbst publiziert keine Details über ihre Aktienanlagen. Sie gilt jedoch unter amerikanischem Recht als sog. Institutional Investment Manager. Diese müssen jedes Quartal ihre Positionen der amerikanischen Börsenaufsicht einreichen, falls sie mehr als USD 100 Millionen investieren.
Per 30. September 2022 hatte die SNB USD 140 Milliarden verteilt auf 2714 Positionen im amerikanischen Markt investiert – Aufstellung hier.
Strategie führt zu katastrophalem Ergebnis
Das Gelddrucken hatte eigentlich zum Ziel gehabt, den viel zu hohen Schweizerfranken – so sagte man – beim EUR auf 1.20 zu halten. Dies hat nicht funktioniert. Heute notiert der Euro unter einem Franken.
Die ganze Übung war somit ein kompletter Reinfall. Die Aussage der Nationalbank, der Schweizer Franken sei überbewertet, wurde gemacht, um Partikulärinteressen der Exportindustrie zu vertreten, was gemäss Gesetz nicht die Aufgabe der SNB ist.
Nachdem die sehr teure Strategie gescheitert ist, behauptet die SNB heute, der Schweizerfranken sei keineswegs zu stark. Die Argumentationsführung der SNB ist widersprüchlich: Als der Euro bei knapp CHF 1.20 lag, war der Franken zu stark – jetzt, bei CHF 0.97, ist der Schweizerfranken nicht mehr überbewertet.
Ergebnis – Disziplin folgt folgenschwerer Aktivismus
Wir haben auf dieser Zeitreise gesehen, wie die Schweiz durch Geschick und Fleiss zu einem der reichsten und stabilsten Länder der Erde wurde.
Die SNB amtete seit ihrer Gründung 1907 knapp 100 Jahre als deren disziplinierter Kassenwart und trug durch den resultierenden harten Franken einen beachtlichen Teil zum Erfolg des stabilen, reichen und arbeitssamen Alpenlandes bei.
Ab 2000 verlor die Gralshüterin des Schweizer Frankens jedoch Disziplin und Weitsichtigkeit, indem sie mehrere folgenschwere Entscheide traf.
Der Verkauf von 1’300 Tonnen Gold im Jahre 2000 stellte sich im Nachhinein als fataler Fehler heraus, den die Schweiz bis heute CHF 50 Milliarden gekostet hat. Dass andere europäischen Zentralbanken den gleichen Fehler machten, scheint ein schwacher Trost.
Im Jahre 2008 folgte die Rettung der UBS mit 50 Milliarden. Diese Rettung war zwar erfolgreich und die Rettungsgelder wurden zurückgezahlt, aber sie sendete der Wirtschaft ein falsches Signal und hebelte die harten, jedoch wichtigen Gesetzte der freien Marktwirtschaft aus.
Die der Wirtschaftskrise 2008 folgende «Stützung» des Euros gipfelte zwischen 2011 und 2015 in einer Koppelung des Schweizerfrankens an den Euro. Auch nach Aufhebung dieser Euro Untergrenze verfolgte die SNB diese Strategie weiter. Dieses Tun führte zu einer Verachtfachung der Bilanz. Die heutige Bilanz der SNB ist grösser als die Bilanz des FED vor der Finanzkrise, obwohl der US-Dollar 20 Mal schwerer ist als der Schweizerfranken.
Der Entscheid der SNB schliesslich, zu einem der grössten Hedgefunds zu werden, war ein weiterer schlechter Entscheid.
Ergebnis in Zahlen
Der Zwischenbericht der SNB per 30. September 2022 zeigt ein düsteres Bild. Dazu schrieb sie selbst:
«Die Zins und Dividendenerträge betrugen 5,1 Mrd. Franken bzw. 3,4 Mrd. Franken. Es resultierten Kursverluste von 70,9 Mrd. Franken auf Zinspapieren und instrumenten, und von 54,2 Mrd. Franken auf Beteiligungspapieren und instrumenten. Die wechselkursbedingten Verluste beliefen sich auf insgesamt 24,4 Mrd. Franken.»
SNB, Zwischenbericht der Schweizerischen Nationalbank per 30. September 2022
Die SNB ist eine Aktiengesellschaft, welche ein Eigenkapital hat wie jede andere Firma auch: Eigenkapital errechnet sich aus der Summe der gesamten Vermögenswerte minus alle Verbindlichkeiten. Je höher das Eigenkapital im Verhältnis zur Bilanzsumme ist, desto gesünder ist eine Firma.
Per Ende 2021 wies die SNB ein Eigenkapital von CHF 220 Milliarden aus, was etwa 20% der Bilanzsumme entsprach.
Das Eigenkapital hat sich in den ersten 9 Monaten 2022 von 220 Milliarden auf 56 Milliarden reduziert. Somit schrumpfte des Eigenkapital in 9 Monaten von knapp 20% auf 6%. Falls die SNB im vierten Quartal weiter so viel Geld verliert, wird sie Ende Jahr ohne Eigenkapital dastehen.
Ein grosses Verständnisproblem besteht in der heutigen Zeit darin, dass Wirtschaftszahlen Grössen aufweisen, welche in meiner Schulzeit lediglich in der Astronomie verwendet wurden und somit fast nicht mehr einzuordnen sind. Daher in der Folge einige Zahlenbeispiele, welche diese Zahlen in einen Kontext stellen:
Darstellung: 142,4 Milliarden sehen in Zahlen so aus: 142400000000.- – das gibt Augenbrennen.
Als im Jahre 2008 die UBS gerettet wurde, kostete dies 6 Milliarden und ein Raunen ging durch die Menge, als diese Riesensumme genannt wurde. Mit dem in 9 Monaten von der SNB angehäuften Verlust hätte die SNB die UBS 24 Mal retten können.
Der 9 Monateverlust der SNB entspricht den Bundessteuereinnahmen der Schweiz für über 5 Jahre.
Schlusswort
Falls die SNB ihr Eigenkapital komplett verlieren wird, führt diese Schmach zwar nicht zum Konkurs der Währungshüterin, da sie unbegrenzt Geld drucken kann.
Das Renommee der SNB und somit auch der Schweiz wäre in diesem Fall jedoch arg angeschlagen und der durch das jahrelange Gelddrucken entwertete Schweizerfranken hätte seinen schwer erarbeiteten Nimbus verloren – mit unabsehbaren Folgen für die Schweiz.
Es wird viele geben, die anderer Meinung sind und sich bemühen werden, die hier aufgezeigten Realität vorteilhafter zu beschreiben. Dennoch gibt es auch bereits sehr kritische Stimmen, so Daniel Riediker Partner und CEO der Alegra Capital AG, welcher bereits am 8. November einen Beitrag auf dem Finanzblog, The Market, verfasste.
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